Mit Felix Auger-Aliassime, Denis Shapovalov und Bianca Andreescu drängt neue Tennis-Generation in die Weltspitze.
Er ist der Shootingstar der Tennisszene: Felix Auger-Aliassime sorgt auf der ATP-Tour seit Wochen für Schlagzeilen. Der erst 18-jährige Qualifikant gewann beim Turnier in Miami sieben Spiele in Folge und stellte als jüngster Halbfinalist der Turniergeschichte einen neuen Rekord auf.
In der Wertung der ATP-Masters-1000-Turniere, von denen weltweit nur neun ausgetragen werden, ist Auger-Aliassime damit hinter Landsmann Denis Shapovalov (18 Jahre, 4 Monate) und Tennislegende Michael Chang (18 Jahre, 5 Monate) der drittjüngste Halbfinalist aller Zeiten. Selbst Roger Federer und Rafael Nadal waren in ihren Anfangsjahren später dran.
„Es ist ein Privileg, mit solchen großen Spielern verglichen zu werden. Das zeigt, dass ich auf dem richtigen Weg. Aber ich sehe es langfristig. Gerade jetzt genieße ich jeden Tag, jedes Match, weil man nie weiß, was als Nächstes passiert“, sagte der Kanadier, der im Halbfinale gegen Titelverteidiger John Isner knapp mit 6:7 und 6:7 unterlag.
Fünf Grand-Slam-Finals der Junioren erreicht
Wer ist der Aufsteiger, der seit Jahresbeginn in die Top-40 der Welt vorpreschte? Der Sohn eines Togolesen und einer Kanadierin begann das Tennisspielen bereits im Alter von vier Jahren. Sein Vater Sam immigrierte mit 25 nach Kanada und arbeitete als Tennistrainer. Felix wuchs in L’Ancienne-Lorette, einem Vorort von Quebec, auf, ehe er mit 13 Jahren ins nationale Tenniszentrum nach Toronto wechselte. Auch seine zwei Jahre ältere Schwester Malika versuchte sich auf der WTA-Tour, allerdings mit deutlich weniger Erfolg.
„Meine Stärken sind mein Aufschlag und die Vorhand. Ich bin ein aggressiver Spieler und habe keine Angst, zu verlieren“, beschreibt der 1,91 Meter große Kanadier seinen Stil. Schon in seiner Jugend galt er als ziemlich kompletter Spieler. Im Jahr 2015 gewann er im kanadischen Granby als jüngster Tennisspieler aller Zeiten ein Match auf Challenger-Ebene – mit gerade einmal 14 Jahren. Zudem erreichte er bei den Junioren fünf Grand-Slam-Finals und gewann 2016 die US-Open im Einzel sowie 2015 im Doppel (mit Shapalov).
Aufstieg dank liberaler Einwanderungspolitik
Der Aufstieg von Auger-Aliassime ist kein Zufall. Nach dem Vorreiter Milos Raonic (28/ Weltranglistenplatz 16), der 2016 das Grand-Slam-Finale von Wimbledon erreichte, reift mit Denis Shapovalov (20/ Platz 20) und Bianca Andreescu (18/ Platz 23) bei den Damen in Kanada eine ganze Generation von Top-Spielern heran. Alle eint, dass sie Kinder von Einwanderern sind. Ein Ergebnis der liberalen Einwanderungspolitik der Regierung um Premierminister Justin Trudeau, der die Multikulturalität auf seine Agenda gesetzt hat. Kanada hat eine lange Tradition als Einwanderungsland. Inzwischen kommt fast jeder Vierte der 37 Millionen Einwohner im Ausland zur Welt.
Das wirkt sich auch auf sportlicher Ebene aus. Die US-amerikanische Zeitung „Desert Sun“ sprach jüngst von einer „nördlichen Explosion“, die da beim Nachbarn in Bezug auf das Tennis zu beobachten sei. Andreescu, Tochter rumänischer Einwanderer, gelang das Kunststück, die ehemalige Weltranglistenerste Angelique Kerber im Finale von Indian Wells zu bezwingen, um sie wenige Tage später beim Turnier in Miami noch einmal zu schlagen. Shapovalov, dessen Eltern nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erst nach Tel Aviv und dann nach Toronto übersiedelten, nähert sich in großen Schritten der Weltspitze. Und auch bei Teenager Auger-Aliassime scheint der schnelle Aufstieg unter die Top 10 der Welt vorgezeichnet.
Noch kann das Tennis-Trio im Schatten der Besten befreit aufspielen. Doch mit jedem Sieg und Titel wird der Druck größer. Schon werden Vergleiche zu den Großen der Szene wie Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic gezogen. „Wir werden sehen, wie gut er wird. Ich will ihn nicht unter Druck setzen“, sagte Federer, als er zu Auger-Aliassime befragt wurde. Eine Parallele gibt es zwischen dem Schweizer und dem jungen Kanadier schon: Beide sind am 8. August geboren.