Jens Lehmann und der berühmteste Spickzettel aller Zeiten
Das deutsche Fußball-Märchen bei der Heim-WM lebt - mit Freudentänzen auf dem Rasen feierten die Nationalspieler in Berlin mit den 4:2-Sieg im Elfmeterschießen gegen Argentinien den damals insgesamt zehnten Einzug ins Halbfinale einer Weltmeisterschaft.
Nach 120 packenden Minuten hatte es vor 72.000 Zuschauern im ausverkauften Olympiastadion 1:1 (1:1, 0:0) gestanden. Nachdem Ayala (49.) die Südamerikaner als Folge der ersten Unaufmerksamkeit in der deutschen Abwehr in Führung gebracht hatte, drohte wie zuletzt 1994 und 1998 das Aus im WM-Viertelfinale. Doch Miroslav Kloses erstes Kopfball-Tor im Turnier (80.) riss ein schon verloren geglaubtes Spiel noch rum und bescherte dem leidenschaftlich kämpfenden Team von Jürgen Klinsmann noch die Verlängerung.
Im Elfmeterschießen bewies Jens Lehmann Nerven wie Drahtseile und hielt die Schüsse von Roberto Ayala und Esteban Cambiasso. Für den WM-Gastgeber verwandelten Oliver Neuville, Michael Ballack, Lukas Podolski und Tim Borowski sicher. Während die Spieler auf dem Rasen zum Song „Werden wir Weltmeister sein“ tanzten, verschwand der sichtlich geschaffte Lehmann als Erster in der Kabine. Als schlechte Verlierer erwiesen sich dagegen einige Argentinier und zettelten am Spielfeldrand eine Rangelei an.
Mit dem vierten Sieg im vierten WM-Elfmeterschießen gelang es der deutschen Mannschaft, ihre seit fast sechs Jahren und 17 Spielen anhaltende schwarze Serie gegen die Großen des Fußballs zu beenden. Das erste WM-Duell der Fußball-Großmächte seit dem deutschen Final-Triumph 1990 entwickelte sich zu der erwarteten Nagelprobe, in dem die deutsche Mannschaft auf einen sehr gut organisierten Gegner traf und erstmals im Turnierverlauf kaum dazu kam, selbst den Rhythmus zu bestimmen. Die spielerischen Vorteile des zweifachen Weltmeisters glichen die Gastgeber allerdings mit Zweikampfstärke und Leidenschaft aus.
Erst in Rückstand liegend, offenbarte das Team aber jene bedingungslose Entschlossenheit, die es vier Spiele lang ausgezeichnet hatte und wurde schließlich mit dem Ausgleich durch das fünfte Turniertor von Klose belohnt. Der damalige Bremer traf nach einer Ballstafette über Ballack und den eingewechselten Borowski per Kopf zu seinem insgesamt zehnten WM-Tor und zog damit in der deutschen Rangliste mit Helmut Rahn gleich. Dort rangierten nur noch Gerd Müller (14) und Klinsmann (11) vor dem gebürtigen Polen, der sich später noch vor diese beiden Legenden setzten sollte.
Statistik:
Deutschland: Lehmann, Friedrich, Metzelder, Mertesacker, Lahm, Podolski, Schneider (62. Odonkor), Ballack, Frings, Schweinsteiger (74. Borowski), Klose (85. Neuville)
Argentinien: Abbondanzieri (71. Franco), Ayala, Sorin, Coloccini, Heinze, Mascherano, M. Rodriguez, Riquelme (72. Cambiasso), Gonzalez, Crespo (79. Cruz), Tevez
Schiedsrichter: Michel (Slowakei)