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90 Minuten Freiheit: Iran lockert Stadionverbot für Frauen

Beim WM-Qualifikationsspiel des Iran durften erstmals weibliche Fußballfans ins Stadion.

Im Iran bahnt sich eine Fußball-Revolution an. In dem islamischen Staat durften erstmals seit 40 Jahren Frauen bei einem WM-Qualifikationsspiel offiziell im Stadion zuschauen. Ein erster Etappensieg für Aktivistinnen, die in dem streng konservativen Land am Persischen Golf seit Jahrzehnten gegen Unterdrückung und Ausgrenzung kämpfen.

Sie schwenkten Flaggen, machten Selfies und vergossen Tränen der Freude: Rund 4000 weibliche Fußballfans feuerten im Azadi-Stadion Teheran die iranische Nationalmannschaft beim 14:0-Sieg im WM-Quali-Spiel gegen Kambodscha an.

„Ich kann das immer noch nicht glauben. Nach all den Jahren, die ich nun in diesem Bereich arbeite, nachdem ich mir das alles im Fernsehen angesehen habe, kann ich das jetzt vor Ort erleben“, sagte Raha Pourbakhsh der französischen Nachrichtenagentur AFP.

Frauen im Fußballstadion – was in fast allen Ländern der Welt Normalität ist, stellt im Iran im Jahr 2019 noch immer einen Gesetzesverstoß dar. Seit der islamischen Revolution 1979 gilt in dem streng muslimischen Land für Frauen ein Stadionverbot. Die iranischen Hardliner begründen dies damit, dass der Anblick halbnackter Männer eine Sünde sei. Außerdem müssten Frauen vor einer vulgären Atmosphäre im Stadion geschützt werden.

Fifa droht Iran mit WM-Ausschluss

Trotzdem wagten sich einige mutige Frauen immer wieder ins Stadion, verkleideten sich als Männer und klebten sich Bärte an. Auch Sahar Khodayari besuchte im März ein Fußballspiel ihres Lieblingsklubs Esteghlal. Zwar kleidete sich die damals 29-Jährige ganz in den blauen Vereinsfarben, wurde aber von Sicherheitskräften als Frau erkannt und verhaftet. Nach einer Anhörung vor dem islamischen Revolutionsgericht, in der ihr bis zu sechs Monate Haft angedroht wurden, übergoss sie sich mit Benzin, zündete sich an und starb wenig später an ihren schweren Verbrennungen.

Der Fall des „Blauen Mädchens“ sorgte international für Aufsehen und großes mediales Interesse. Auch die Fifa machte jetzt Druck und drohte dem Iran sogar mit dem Ausschluss von der WM 2022 in Katar. Daraufhin lockerte das iranische Sportministerium das Stadionverbot und gewährte Frauen beim WM-Qualifikationsspiel gegen Kambodscha erstmals Zutritt.

Erste Frau darf Spiel kommentieren

Die Maßnahme war im Kampf um Gleichberechtigung aber nur ein Etappensieg. Die vier Frauen-Tribünen waren extra mit Zäunen von denen der Männer getrennt, außerdem war das Karten-Kontingent für Frauen in dem 80 000 Zuschauer fassenden Stadion auf 4000 Stück begrenzt. Schon beim nächsten Spiel fordern Aktivistinnen die Öffnung weiterer Blöcke. Bei Ligaspielen und Partien in kontinentalen Vereinswettbewerben müssen sie ohnehin weiter draußen bleiben.

Eine weitere Nachricht macht Hoffnung: Die iranische staatliche Rundfunkanstalt IRIB teilte mit, dass Nadschmeh Dschafari als erste Frau die Champions-League-Partie zwischen Ajax Amsterdam und dem FC Chelsea im Radio kommentieren wird. Unterstützt werde sie von zwei weiteren weiblichen Experten. Bislang waren Fußball- und Sportberichte im iranischen Radio reine Männersache, teilte die Deutsche Presseagentur mit.