Keine Stars, kaum Talente, weniger Zuschauer – der Boxsport steckt in der Krise.
Dieser Kampf hatte Symbol-Charakter: Anfang April verpasste Profi-Boxer Marco Huck im Cruisergewicht den WM-Titel. Der 32-Jährige erlitt gegen den Letten Mairis Briedis eine krachende Punktniederlage. So schlaff und matt wie sich Käpt'n Huck präsentierte, so ist es derzeit auch um den deutschen Profi-Boxsport bestellt. Aktuell ist der Berliner Tyron Zeuge in den vier großen Welt-Verbänden WBA, WBC, WBO und IBF der einzige deutsche Weltmeister. Das Profiboxen steckt in der Krise. SportSupreme nennt die Gründe für den Niedergang:
Die goldenen Jahre
In den 90-ern erlebte der deutsche Boxsport einen nie da gewesenen Aufschwung. Typen und Talente wie Henry Maske, Axel Schulz, Sven Ottke und Graciano Rocchigiani elektrisierten in den Nach-Wendejahren die Massen. Vor allem Maskes Auftritte gehörten Samstagabend in deutschen Wohnzimmern zum Pflichtprogramm. Seine Einlauf-Hymne, „Conquest of Paradise“, das „Let's get ready to rumble“ von Ringsprecher Michael Buffer und die Schlachten über 12 Runden – der „Gentleman“ hat den Boxsport in Deutschland salonfähig gemacht.
Die Weltmeister-Generation
Der Aufschwung der Wende-Jahre hält bis ins neue Jahrtausend an. Anfang 2006 gibt es mit Markus Beyer, Arthur Abraham und Felix Sturm zeitgleich drei deutsche Weltmeister. Zudem sorgen die Schwergewichts-Weltmeister Wladimir und Vitali Klitschko in Deutschland für ausverkaufte Hallen. Bei den Triumphen der Ukrainer wird leicht übersehen, dass deutsche Faustkämpfer kaum nachdrängen und höchstens nur noch im Vorprogramm zu sehen sind. Es fehlen echte Typen mit Ecken und Kanten, die das Zeug zum Champion haben.
Trainer-Legenden danken ab
Mit den Abgang der Altmeister geht auch die Zeit der Kult-Trainer zu Ende. Maske-Coach Manfred Wolke (74) ist längst im Ruhestand, Klitschko-Macher Fritz Sdunek ist 2014 verstorben. Einzig Kult-Coach Ulli Wegner (74) kommt nicht vom Ring los. Kompetente Nachfolger, die Kontinuität und Erfolg versprechen, sind nicht in Sicht. Huck wird in den letzten vier Kämpfen von vier verschiedenen Trainern betreut. Andere wie Ex-Weltmeister Jürgen Brähmer (38) fahren zweigleisig. Der Schweriner boxt noch selbst und bildet parallel Talente wie Tyron Zeuge aus.
TV-Quoten im Sinkflug
Früher sind Box-Abende auf RTL, ARD und Premiere/Sky die Quoten-Renner. Bei Maskes Kämpfen sitzen durchschnittlich 16 Millionen vor dem Fernseher. Den Schwergewichts-Fight zwischen Schulz und Francois Botha verfolgen 1995 18 Millionen TV-Zuschauer – bis heute Rekord! Zum Vergleich: Das Duell Huck gegen Briedis wollen zuletzt nur noch 3,1 Millionen Boxsport-Fans sehen. Die schwachen Quoten führen auch bei Veranstaltern zu rückläufigen Einnahmen. Der Karriere-Aufbau ihrer Schützlinge wird erschwert.
Promoter unter Zugzwang
Jahrelange liefern sich der Hamburger Universum-Boxstall um Promoter Klaus-Peter Kohl (betreute u.a. die Klitschko-Brüder) und der Berliner Wilfried Sauerland einen erbitterten Zweikampf. Als Universum 2013 in die Insolvenz geht, entsteht sportlich und wirtschaftlich eine Lücke, die auch Sauerland bis heute nicht schließen kann. Auch bei kleineren Boxställen wie SES (betreut Ex-WBO-Weltmeister Robert Stieglitz) bleibt der große Aufschwung aus. Wenn überhaupt, dann liefern ausländische Boxer in Diensten der deutschen Promoter die Erfolge.
Talente mit schwerem Stand
Junge deutsche Boxer haben heute einen schweren Stand. Es fehlt an Vorbildern und Förderern. Meist wechseln Talente zu früh vom Amateur- ins Profilager, wo angeblich die große Kampfbörse winkt. Immerhin: Mit Leon Bunn (24/Halbschwer), Leon Bauer (18/Supermittel) und Tom Schwarz (22/Schwer) drängen derzeit drei Youngster in die Weltspitze. Sie brauchen jedoch viel Zeit, Geld und einen Trainer, der Weltmeister formen kann. Ob sie jemals an die Erfolge von Maske, Schulz oder Ottke anknüpfen können, wird die Zukunft zeigen.
Wenn ihr mehr über diese drei Talente erfahren wollt, könnt ihr das auf Facebook. Hier geht ihr über direkten Weg dorthin: