Kein Spieler hat dadurch mehr Stress – Probleme sind anderer Natur
Da ist sie nun, die WM mit 48 Teams. Letzte Woche das erste Mal erst so richtig diskutiert und nun schon im Schnellverfahren durchgesetzt . Fifa-Präsident Gianni Infantino hat trotz aller Widerstände die Fußball-WM revolutioniert. Ab dem Jahr 2026 werden die Weltmeisterschaften mit 48 statt 32 Teams stattfinden. „Wir leben im 21. Jahrhundert. Wir müssen die WM für das 21. Jahrhundert gestalten, nicht mehr für das 20. Jahrhundert. Das ist die Zukunft, in die wir sehen müssen. Fußball existiert nicht nur in Europa und Südamerika, Fußball gibt es weltweit und nochmal: das ist ein Event im selben Zeitraum wie vorher, alle vier Jahre, das den Fußball entwickeln wird. Ich denke, das ist positiv und auch das Council glaubt, dass es positiv ist.“
Noch bleiben aber viele Fragen offen. Wie werden die 16 neuen Startplätze auf die sechs Konföderationen verteilt? Wird das Unentschieden in der Gruppenphase abgeschafft und ein Elfmeterschießen eingeführt, um Langeweile und Ballgeschiebe zu verhindern? "Es gibt da verschiedene Lösungsansätze", sagte Infantino, der beteuerte, das neue Format beinhaltet "keine große Veränderung des Modus". Der Weltmeister soll wie bisher in 32 Tagen ermittelt werden, sieben Spiele führen zum Titel. Insgesamt werden allerdings 80 statt der bisher 64 Spiele stattfinden. Die Gefahr eines Überangebots und langweiliger Spiele steigt immens.
„Wir leben im 21. Jahrhundert. Wir müssen die WM für das 21. Jahrhundert gestalten, nicht mehr für das 20. Jahrhundert. Das ist die Zukunft, in die wir sehen müssen. Fußball existiert nicht nur in Europa und Südamerika, Fußball gibt es weltweit und nochmal: das ist ein Event im selben Zeitraum wie vorher, alle vier Jahre, das den Fußball entwickeln wird. Ich denke, das ist positiv und auch das Council glaubt, dass es positiv ist“, so Gianni Infantino.
Das ist die Entwicklung der Teilnehmerzahlen seit 1930:
1930: 13 Teams (zum Vergleich zu jetzt hier mal die Teilnehmer der ersten WM: Belgien, Frankreich, Jugoslawien, Rumänien, Argentinien, Brasilien, Bolivien, Chile, Paraguay, Peu, Uruguay, Mexiko, USA)
1934-1938: 16 Teams
1950: 13 Teams
1954-1978: 16 Teams
1982-1994: 24 Teams
1994-2022: 32 Teams
ab 2028: 48 Teams
Die Fußballwelt sieht die Aufstockung gespalten
Die Kommentare aus der Fußballwelt könnten unterschiedlicher nicht sein. Bayern-Trainer Carlo Ancelotti hält den Kalender jetzt schon für zu voll: „Ich bin allgemein gegen mehr Spiele, weil der Spielplan ohnehin schon zu voll ist. Aber die FIFA sagt, dass die Anzahl der maximalen Spiele pro Team bei der WM nicht erhöht wird. Also müssen wir abwarten und sehen, was passiert.“ Auch Christian Heidel, bekannt für klar Worte, kann damit nicht wirklich leben. „Ich habe noch niemanden getroffen, der gesagt hat: Das ist eine super gute Idee. Die Argumente, die da genannt werden, haben mich auch nicht überzeugt. Weil ich glaube, dass ein WM-Turnier das Endturnier der besten Mannschaften der Welt sein soll. Wenn mittlerweile fast 25 Prozent aller FIFA-Mitglieder mitspielen dürfen, dann ist es nicht mehr das Turnier der besten Mannschaften. Wenn wir jetzt mit 48 anfangen - ich warte nur auf die Idee, man könnte auch mit 64 spielen“, so der Schalke-Manager
Dortmund-Boss Hans-Joachim Watzke sagt es noch ein bisschen deutlicher und prangert den Profitgedanken der FIFA an. „Eine katastrophale Entscheidung. Ich habe den Eindruck, dass aus reiner Geldgier die Qualität dieser WM immer mehr verwässert wird. Welches Land soll noch eine WM ausrichten, bei der 48 Mannschaften untergebracht und 80 Spiele absolviert werden müssen?“ In die selbe Kerbe schlägt St. Pauli-Geschäftsführer Andreas Rettig. "Das ist ja eine Überraschung, dass es nur 48 Teilnehmer sind. Herr Infantino hatte doch 115 Stimmen zur Wahl zum Fifa-Präsidenten... Da werden aber 67 Verbände sauer sein."
Klar muss man sagen, dass die Aufblähung der WM hauptsächlich eine Entscheidung für die „Kleinen“ ist. Denn nun können immerhin 16 Teams mehr an dem Großereignis teilnehmen. Das wird so Länder wie Bosnien, Neuseeland, China, Peru und Jamaika freuen. Leipzig-Sportdirektor Ralf Rangnick steht da den kleineren Verbänden bei und ist eindeutig für die Aufstockung. „Wenn man die kleineren Nationen sieht, dann ist es für diese natürlich eine große Chance, auch mal bei einer WM dabei zu sein. Wenn man weiß, was das für eine Euphorie entfacht, dann kann ich das schon ein Stück weit nachvollziehen.“ Auch gibt es zurzeit keinen Grund warum die Profisportler so entsetzt sind, denn bis zum Weltmeistertitel bleiben es nach wie vor sieben Spiele. Die Belastung für die Profis wird also entgegen vieler Behauptungen nicht steigen. Mainz-Sportdirektor Rouven Schröder findet es unterm Strich auch positiv: „Wenn für den Weltmeister kein Spiel zusätzlich nötig ist, relativiert das das Ganze. Ich bin für mehr K.o.-Spiele. Wie oft hatten wir schon langweilige Gruppenspiele, in denen nur taktiert wurde. Unterm Strich finde ich es gut so!“
Die wirklichen Probleme der Mammut-WM
Das taktisch-geführte letzte Gruppenspiel kann es natürlich trotzdem geben, aber was wirklich problematisch wird, ist die Ausrichtung eines solchen Großevents. Man braucht nun immerhin ein Land (oder auch zwei oder drei) das 48 Mannschaften beherbergen können, zwölf WM-Stadien mit 40.000 Zuschauern in petto hat und dazu mit Sicherheit noch viele FIFA-Statuten erfüllen muss. Schon in Russland musste man bei zwei Stadion (Kaliningrad und Jekaterinburg) eine Ausnahmeregelung machen, weil die nur Platz für 35.000 Zuschauer haben. Dazu sollen bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2026 erstmals weitere Kriterien berücksichtigt werden: Ökologische Verantwortung, Menschenrechte und Korruptionsindex. Am 10. Mai 2017 wird der WM-Gastgeber für das Jahr 2026 offiziell beim Kongress in Kuala Lumpur bekanntgegeben. Bislang haben die USA, Kanada, Mexiko und Marokko ihr Interesse an der Ausrichtung bekundet. Ob sie das immer noch tun, wird sich bis dahin sicherlich zeigen.
Ein weiteres Problem bzw. Potenzial für viele Aufreger der einzelnen Mitgliederverbände der FIFA wird es in der Verteilung der Startplätze geben, denn der mächtigste Verband (UEFA) bekommt wahrscheinlich die wenigsten zusätzlichen Startplätze. Statt bisher 13 wird es wohl 16 Startplätze geben. Also nur drei der 16 neuen Plätze gehen an den sportlich besten Verband, wenn es nach Platzierungen in der Weltrangliste geht. 6 statt 3,5 Startplätze bekommt der Verband für Nord- und Mittelamerika. Afrika wird nun 9 statt 5 Teams zur WM schicken dürfen. 8 statt 4,5 Plätze wird der asiatische Verband bekommen. Ozeanien bekommt nun einen festen Platz und muss sich nicht mehr in einer Playoffrunde gegen einen Vertreter Südamerikas durchsetzen müssen, um bei einer WM dabei sein zu dürfen. Genau die sind der wohl größte Profiteur der Aufstockung, denn statt bisher 4,5 Plätze wird Südamerika wohl 7 Startplätze bekommen – und das bei nur 10 Teilnehmern. 70 Prozent aller Quali-Teilnehmer Südamerikas sind dann also auch bei einer WM dabei. Das sind Quoten von denen alle anderen Verbände nur träumen können.