Die Gewalt beim Fußball nimmt ungeahnte Ausmaße an
Wir alle haben die Bilder vom 11. April noch im Kopf. Ein Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund erschütterte die Fußballwelt kurz vor dem Anpfiff zum Champions League-Viertelfinale gegen den AS Monaco. Der erste Gedanke an einen möglichen terroristischen Hintergrund konnte schnell widerlegt werden. Auch Ein Angriff eines verfeindeten Vereins steckte nicht dahinter. Es war, man möchte meinen, „lediglich“ ein Idiot, der sich mit einem perfiden Plan an dem Attentat bereichern wollte.
Nun wecken solche Attentate, wie auch oft bei anderen menschlichen Unglücken, die Vernunft Vieler. „Man müsse wieder menschlicher werden“, „es lastet zu viel Druck auf dem Fußballgeschäft“ und „Fußball ist nicht alles – solche Phrasen, ja man muss es leider so nennen, hallen dann durch die Zeitungen und Sendungen dieser Welt. Doch nach immer kürzerem Innehalten passieren kurz danach wieder schreckliche Dinge, als hätte man nicht aus den vorherigen Taten gelernt. So kam es allein in den letzten beiden Woche zu sieben erschreckenden Szenarien in Fußball-Europa.
Nur sechs Tage nach dem Anschlag in Dortmund ging der Wahnsinn weiter. Im Derby zwischen Bröndby und dem FC Kopenhagen wurde FC-Spieler Ludwig Augustinsson beim Ausführen eines Eckballes mit Ratten beworfen. Nachdem die Täter vier tote Ratten auf das Spielfeld warfen, flüchteten sie. Nach einem abgetrennten Schweinekopf in Dresden, ist das schon mit das Widerlichste, was bisher auf einen Fußballplatz geworfen wurde. Neben dem Verlust vom eigenen Ruf verlor Bröndby das Spiel mit 0:1.
Weitere vier Tage weiter erreicht die Anfeindung gegenüber Dietmar Hopp ein neues Ausmaß. Beim Auswärtsspiel der TSG beim 1. FC Köln wurde der Hoffenheim-Mäzen übelst beleidigt – verbal und plakativ. Kölns Ultra-Gruppierungen drohen nun sportstrafrechtliche Konsequenzen. Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ermittelt. Die FC-Verantwortlichen müssen zu den Vorgängen vom Freitagabend Stellung nehmen. Der nicht im Stadion anwesende Dietmar Hopp wurde als "Sohn einer Hure und eines Nazis" beschimpft. Zum zweiten Mal wird Hopp mit einem solchen Banner belegt. Im September 2008 hatte ein Dortmund-Fan ein Plakat mit Hopps Konterfei und einem darüber gelegten Fadenkreuz sowie der Unterschrift "Hasta la vista, Hopp!" gezeigt. Nach einer Entschuldigung des 19-Jährigen ließ Hopp das Verfahren einstellen. Das wird in dem jetzigen Fall sicher nicht passieren.
Wieder nur einen Tag später gab es drei erschreckende Taten von „Fans“ beim Fußball. Angefangen in Norwegen: beim Zweitliga-Duell zwischen Kongsvinger IL und Ranheim IL wurde ein Linienrichter während des laufenden Spiels von einem mutmaßlichen Hooligan mit Pfefferspray angegriffen. (Video) In der 82. Minute lief der Anhänger der Heimmannschaft auf das Feld und sprühte das rote Spray einmal quer über das Gesicht. Erst nach 30-minütiger Behandlung konnte das Spiel fortgesetzt werden. Das Spiel endete 0:0.
Am gleichen Tag leisteten sich, die in der Szene berüchtigten, Frankfurter mal wieder ein Fehltritt sondergleichen. Das Banner spricht Bände. Die für das Plakat verantwortlichen „Anhänger" werden neben den strafrechtlichen Konsequenzen seitens der Polizei mit Stadionverboten seitens der Eintracht rechnen müssen", teilte ein Klub-Sprecher dem SID mit. Auch Niko Kovac distanziert sich von dem Plakat: "Ich sehe das so wie jeder andere normal denkende Mensch: So etwas hat in einem Stadion nichts zu suchen, und so was sollte auch in irgendwelchen Köpfen nichts zu suchen haben.“
Den dritten „Höhepunkt“ des Tages gab es in Hamburg. Kurz nach Anpfiff der Partie gegen Darmstadt zündeten Chaoten auf der Nordtribüne Knallkörper und Rauchbomben. Nach drei Minuten Unterbrechung konnte das Spiel fortgesetzt werden. Der HSV war im ganzen Spiel zusehends nicht auf der Höhe. Ob ihnen die Pyro-Show eher geschadet als motiviert hat, ist wahrscheinlich, denn das Spiel ging mit 1:2 verloren. Der HSV steht in der Bundesliga ganz weit oben, was Zahlungen wegen Pyro-Vergehen angeht. Bereits 60.000 Euro überwies der Dino an den DFB.
Der AS St. Etienne musste am 23.4 das Heimspiel gegen Stade Rennes vor leeren Rängen austragen. Grund dafür waren die Vorkommnisse beim Ligaspiel gegen Lyon. Eben jene Fans, die für das Geisterspiel verantwortlich waren, schafften es nun, trotz Blocksperre, ins Innere des Geoffrey-Guichard. Nach 15 Minuten Spielzeit stürmten die Anhänger zum größten Teil vermummt hinein. Nach zehnminütiger Pause und dem Räumen des Blocks wurde die Partie fortgesetzt. Endstand 1:1.
Den absoluten Höhepunkt auf die Krawallwoche im europäischen Fußball setzte es in den Niederlanden. Unglaubliche Szenen spielten sich beim Duell PSV Eindhoven gegen Ajax Amsterdam ab. Aus Protest gegen Stadionverbote zündete ein Fan von PSV Eindhoven eine Rauchbombe. Und das ausgerechnet im Familienblock! Wie erklärt man seinem 10-jährigen Sohn ein solches Szenario? 15 Personen wurden dabei verletzt und mussten mit Atem- und Augenproblemen behandelt werden. Nach langer Pause wurde das Spiel fortgesetzt und der Täter an die Polizei übergeben.