Profirennfahrer trotz Diabetes
Wenn man mit gerade einmal 15 Jahren erfährt, an Diabetes Typ 1 erkrankt zu sein, ist das für einen Jugendlichen ein herber Schlag. In jungen Jahren hat man plötzlich die Aufgabe, seine Essensgewohnheiten umzustellen und auch auf seine körperlichen Aktivitäten zu achten, ganz zu schweigen, sich plötzlich selbst spritzen zu müssen.
Beim Typ 1 der Erkrankung bildet der Körper kein Insulin mehr bzw. nur noch kleinste Mengen, als Betroffener muss man sich ggf. mehrmals täglich die notwendige Dosis Insulin selbst verabreichen. Viele sind nach solch einer Diagnose sicher mehr als geschockt, was folgt sind oft schwere Phasen, die mit Traurigkeit, Angst und Verdrängung einhergehen. Auch für den US-Amerikaner Conor Daly kam die Diagnose wie aus dem Nichts, doch dieser junge Mann hatte etwas, das stärker war.
Als Sohn des ehemaligen irischen Formel1-Fahrer Derek Daly hatte der zum Zeitpunkt der Diabetes-Diagnose 15 Jahre alte Conor auch noch ein ganz anderes Gen – der Rennvirus ist tief in ihm verwurzelt. Und auch die Erkrankung sollte ihn nicht von seinem Traum abhalten, ein Profi-Rennfahrer zu werden.
Im Alter von 10 Jahren fing er wie viele andere mit dem Kartsport an und konnte prompt sein Talent unter Beweis stellen. Erste Rennsiege folgten, keine Frage, Conor Daly war schnell und immer vorne zu finden. Seine Laufbahn nahm nun den klassischen Weg, wobei er in Amerika früh die Entscheidung traf, in offenen Formelrennwagen seinen Weg zu gehen.
Traum Rennfahrer – Niemals Aufgeben
Direkt nach seinem Aufstieg aus dem Kart gewann er im Debütjahr im Formelsport drei Rennen, die Karriere nahm weiter Fahrt auf. Mit 15 Jahren dann eine Diagnose, wo viele sicherlich überlegt hätten, den Helm an den Nagel zu hängen. Daly zeigte zunächst typische Symptome, u.a. anhaltender Durst und häufiger Harndrang, wusste aber noch nicht, dass sein Körper zu wenig Insulin produzierte und er hier gefährlich hohe Blutzuckerwerte erreichte. Die Diagnose kann einen jungen Rennfahrer in diesem Alter sicherlich ordentlich mitnehmen, doch für Conor Daly stand nie in Frage, seinen Traum vom Rennfahren aufzugeben.
„Ich halte mich generell an Regeln und nachdem sie mir gesagt hatten, was ich jetzt tun musste, habe ich zu mir gesagt: Okay, das ist einfach, das kann ich tun“, so der Amerikaner zu seiner Reaktion auf die Diagnose. Langsam gemacht hat die Diabetes Conor Daly in der Folge auf keinen Fall. „Nachdem ich die Diagnose erhielt, war ich zwei Tage im Krankenhaus und am nächsten Wochenende war ich wieder auf der Rennstrecke unterwegs“, erinnert sich der heute 24-Jährige. „Es kam mir nie in den Gedanken, mit dem Motorsport aufzuhören und es war auch nie ein Problem. Alles was nötig ist, sind eine gute Vorbereitung und Vorsichtsmaßnahmen“, analysiert der IndyCar-Pilot seine Krankheit nüchtern.
Conor Daly – mit Diabetes in die höchste US-Formelsportklasse
Aufgewachsen ist Conor Daly im Örtchen Noblesville im US-Bundesstaat Indiana. Vater Derek bringt 17 Jahre Erfahrung in Sachen Motorsport auf den Asphalt rund um den Globus, seine Mutter Beth konnte früher Meisterschaften im Jet-Ski für sich entscheiden – das der Junge schnell sein würde, war also abzusehen. Nachdem sich die Eltern haben scheiden lassen, ging es für den jungen Daly hin und her zwischen den Elternteilen.
Heute lebt er in Zionsville, ist damit Indiana treu geblieben. Und damit auch dem US-Bundesstaat der die wohl größte Motorsportveranstaltung jedes Jahr zelebriert, die 500 Meilen von Indianapolis. Die Teilnahme hier ist der Traum vieler Nachwuchsfahrer, so war es auch bei Conor Daly, der nach seinem Abschluss in der High School sich früh einen Ruf als neuer amerikanischer Stern erarbeitete, nicht nur in den USA, sondern auch in Europa und das obwohl seine Erkrankung ein ständiger Begleiter war und ist.
Nachdem er in den Nachwuchsklassen des amerikanischen Formelsports einen mehr als guten Eindruck hinterließ, machte er sich auf den Weg nach Europa, um in den eng umkämpften Formelklassen zu starten. 2011 debütierte er in der GP3-Series, im Folgejahr lieferte er in Barcelona seinen ersten Sieg in der Nachwuchsserie ab, 2013 gelang ihm gegen die starke europäische Konkurrenz Gesamtrang 3 in der Meisterschaft. Dabei ist seine Diabetes-Erkrankung längst Teil von ihm geworden, viel darüber nachdenken, das tut Conor Daly auch heute nicht. Dass er damit mehr als gut leben kann und es gerade im Motorsport ganz andere Situationen sein können, die deutlich gefährlicher sind, dass musste er 2013 in Monaco erleben, als er bei einem fürchterlich aussehenden Unfall viel Glück hatte, dass nichts schlimmes passierte:
In der GP2, der Klasse direkt unterhalb der Formel 1, blieb ihm 2014 der Durchbruch verwehrt, allerdings hat sich hier in den letzten Jahren gezeigt, dass man hier einfach ein paar Saisons braucht, um ganz vorne mitzufahren. 2015 ging es für Daly zurück in die Heimat, erste Einsätze in der höchsten amerikanischen Formelklasse, der IndyCar Series standen auf dem Plan. Zuvor konnte er sich aber unweit seines Heimatortes einen großen Traum erfüllen und bereits 2013 an den Indy500 teilnehmen, dem Klassiker auf dem Indianapolis Motor Speedway. Zwar endete das Rennen für ihn damals nur auf dem 22. Platz, doch er wurde er auch bei zwei Boxenstopps von Bränden am Fahrzeug eingebremst. Der Youngster mit Diabetes hat aber immer an seinem Traum geglaubt und landete vor 3 Jahren erstmals im berühmtesten Nudeltopf der Welt.
Sein Vater war insgesamt sieben Mal bei den 500 Meilen von Indianapolis am Start, der Sohn will das auf jeden Fall überbieten. 2016 hat er nun ein Vollzeitcockpit bei den amerikanischen IndyCars und ist auf dem besten Weg, seine Karriere weiter voran zu bringen, auch wenn er mit dem Team von Dale Coyne Racing nur eine kleine Mannschaft zur Verfügung hat.
Indy Car – Rock & Roll
„Wir sind ein kleines Team und sozusagen die Underdogs. Es ist das engste Feld seit Jahren, wo fast jeder Fahrer gewinnen kann. Das ist das Coole an der Indy Car Series – es herrscht immer noch der Gedanke, dass jeder eine Chance hat. Aber man muss jedes Mal perfekt sein. Man will natürlich alle Rennen beenden und weiter Erfahrung sammeln, aber man darf hier nicht konservativ zu Werke gehen. Wir sind da draußen und geben immer 110 Prozent. Es ist ein konstanter Volle-Attacke-Modus“, so Conor Daly zur aktuellen Situation. Immer Vollgas, so kann man Dalys Weg zusammenfassen und das obwohl die Diabetes immer mitfährt.
An Renntagen muss Conor Daly einen strikten Tagesablauf einhalten. Er muss seine spezielle Diät einhalten, zu festgelegten Zeiten essen und seine Insulin spritzen. Er trägt ein Überwachungsgerät, was seinen Blutzucker misst, davon gibt es sogar eins in seinem IndyCar-Rennboliden.
„Mein Blutzucker hat sich in keinem Rennen in dieser Saison verändert“, so Daly. „Da gibt es so viel Adrenalin im Körper, dass alle anderen Probleme überspielt werden, die der eigene Körper hat. Es übernimmt einfach die Kontrolle.“
„Wie heißt es in diesem Song von AC/DC…Es ist ein langer Weg an die Spitze, wenn man Rock'n'Roll will…und es war ein langer Weg dahin zu kommen, wo ich jetzt bin. Aber das ist genau das was ich sein will – ein Rennfahrer“
Wie Rock'n'Roll in der IndyCar-Serie aussieht, zeigt Conor Daly mit einer ganz speziellen VisorCam im folgenden Onboardvideo – sein Weg an die Spitze ist noch lange nicht zu Ende – immer weiter Vollgas und das auch mit Diabetes: