+++ Die Rallye-WM boomt, doch ein Deutscher fehlt an der Weltspitze +++
Walter Röhrl ist eine Rallye-Legende und ein Ausnahmekönner. In den 80er Jahren wurde der Rallyesport und vor allem auch die Zeit der wuchtigen Gruppe B-Rallyefahrzeuge durch den heute 70-jährigen geprägt wie durch keinen anderen. Röhrl war auf vier Rädern immer und überall schnell, ein Beispiel seines unbeschreiblichen Könnens zeigte auch die legendäre Nacht von Arganil bei der Rallye Portugal 1980:
Nach der Röhrl-Zeit ebbte das Interesse am Rallyesport ab, doch vor allem in den letzten Jahren bekommt die Rallyeweltmeisterschaft einen ordentlichen Auftrieb. Die ADAC Rallye Deutschland ist aktuell gut besucht und lockt viele Zuschauer an die Wertungsprüfungen, die hier zu Lande im und rund um das Saarland ausgetragen werden. Was fehlt, ist ein deutscher Pilot an der Weltspitze. Die Suche nach dem nächsten Walter Röhrl gestaltet sich dabei äußerst schwierig.
Rundstrecke im Visier – Rallyesport im Abseits
In den Zeiten eines Michael Schumacher erfuhr der Motorsport hier zu Lande einen Boom. Jedoch vor allem der Sport auf der Rundstrecke. Auch wenn diese Zeit vorbei ist, findet man doch immer noch reichlich Talente, die den Weg in den Formelsport oder in den Tourenwagen- und GT-Sport gehen.
Anders sah es zu der Zeit im Rallyesport aus. Nach Röhrl kam lange Zeit nichts. Der Weg an die Spitze des Rallyesports ist schwerer, allein in Sachen Fahrmöglichkeiten hat der Nachwuchs hier auch einfach weniger Chancen, zum Einsatz zu kommen. Während man stets Kartbahnen und Rundstrecken findet, gestaltet sich das beim Unterfangen Rallye deutlich schwieriger.
Volkswagen Motorsport hielt in den letzten Jahren in der Rallye-WM die deutschen Fahnen hoch, allerdings nur als Hersteller, bei den Piloten setzte man zwangsläufig auf Stars wie Ogier, Latvala oder Mikkelsen.
Nach dem Ausstieg von VW aus der obersten Kategorie der WM sieht es in der WRC-Weltmeisterschaft recht düster aus, was deutsche Hoffnungen angeht. Am ehesten hält diese noch der Belgier Thierry Neuville hoch – der kommt aus dem deutschsprachigen St. Vith, aber ein deutscher Top-Pilot ist so schnell nicht in Sicht. Talente, die den Weg nach oben schaffen könnten, gibt es aber durchaus.
Nachwuchs aus der Deutschen Rallye-Meisterschaft
Beim Blick auf die deutschen Rallyefahrer muss man zunächst einmal in die nationale Meisterschaft schauen. Hier ist zwar zahlenmäßig kein großes Feld am Start, aber sichtbar Talent im Einsatz. Aktuell hat Vorjahresmeister Fabian Kreim die besten Chancen auf eine Titelverteidigung vor seinen Konkurrenten René Mandel und Dominik Dinkel.
Der 25-jährige Dinkel gewann zuletzt seinen ersten Meisterschaftslauf und kommt aus dem Opel Rallye Cup, als Hoffnungsträger in Sachen internationaler Rallyesport gelten aber vor allem Kreim und Mandel.
Der ebenfalls 25 Jahre alte Mandel kommt aus dem Autocross-Sport und kommt immer besser in Fahrt. Zuletzt schaffte er es unter die letzten Acht bei einer großen Nachwuchssichtung von Hyundai. Als Ziel stand hier ein Programm in der 2. Klasse der Rallye-WM im Fokus, der sogenannten WRC2.
Die WRC2 wird mit leistungsschwächeren und aerodynamisch weniger ausgefeilten Boliden bestritten, beispielsweise ein Ford Fiesta, Skoda Fabia oder Hyundai i20. Mandel konnte hier zwar überzeugen, musste sich aber am Ende einem finnischen Nachwuchsfahrer geschlagen geben beim Kampf um die Werksunterstützung.
Doch sein Talent konnte er trotzdem unter Beweis stellen, allein der Weg wird auch für ihn nicht gerade einfach. Da sind andere Nationen einfach im Vorteil, wie man auch beim finnischen Supertalent Kalle Rovenperä sieht.
Fabian Kreim ist ein weiter Hoffnungsträger. Der Odenwälder kommt, wie viele im Nachwuchsbereich, aus dem Opel Rallye Junior Cup und ist nach der Vizemeisterschaft und dem Titel im Vorjahr auf dem besten Weg zum erneuten Gewinn der Meisterschaft.
Kreim sitzt am Steuer eines Skoda Fabia und wird von der Marke auch unterstützt. Beim diesjährigen Gastspiel der WRC in Deutschland durfte er einen Gaststart absolvieren. Leider nannte man das Talent nicht für die WRC2-Wertung, so dass er im hinteren Teil des Feldes starten musste und zu wenig Aufmerksamkeit bekam. Dch seine Zeiten zoeigten auf, wie gut er mit der internationalen Spitze mithalten konnte, bis ihm ein Reh vor seinen Boliden lief und die Deutschland Rallye jäh beendete.
Was leider fehlt ist die Entscheidung eines Herstellers wie Skoda, den jungen Deutschen auf die WM-Bühne zu hieven, damit er sich hier weiterentwickeln kann. Viele Talente aus anderen Ländern machen es den deutschen Piloten mit weniger Erfahrung dabei nicht gerade einfach.
Dabei schaffte es einer in diesem Jahr zu internationalen Ehren. Der Pfälzer Marijan Griebel sicherte sich in seiner Debütsaison vorzeitig den Titelgewinn in der U28-Wertung der Rallye-Europameisterschaft. Auch er hat sein Rüstzeug im Opel Rallye Junioren-Cup gelernt. Als Belohnung für seinen Erfolg sicherte er sich einen Einsatz auf der großen WM-Bühne im nächsten Jahr.
In der Junioren-Rallye-WM ist 2017 Julius Tannert am Start. Der 27-jährige konnte bei der Rallye Deutschland seinen ersten Sieg in der Wertung heimfahren und nimmt auch die WRC2-Wertung für das kommende Jahr ins Visier.
Talent ist also auch in Sachen Rallyesport hier zu Lande keine Mangelware, doch wer nach oben will, dem wird wenig Zeit gegeben, sich zu entwickeln. In Sachen Nachwuchs schaut vor allem Skoda ganz genau hin, aber wenn es auf die WM-Bühne geht, muss man schnell funktionieren, sonst steht der nächste schon parat.
Für die deutschen Talente bleibt zu hoffen, dass sie langfristig eine Chance ganz oben bekommen, Deutschland muss jedenfalls vorerst auf den nächsten Röhrl noch warten.