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Der späte Durchbruch des Jean-Eric Vergne

+++ In der Formel 1 aussortiert, in der Formel E Titelkandidat – Der Franzose überzeugt 2018 auf ganzer Linie +++

In der Formel E hat sich in diesem Jahr ein Mann als klarer Favorit auf den Titel herauskristallisiert, mit dem man so nicht rechnen konnte. Der Franzose Jean-Eric Vergne bestimmt das elektrische Geschehen und ist auf dem besten Weg zur Meisterschaft, eine späte Genugtuung für einen, der in der Formel 1 gnadenlos aussortiert wurde.

Vom Red Bull-Junior aufs Abstellgleis

Der mittlerweile 28-jährige sah noch vor einigen Jahren lange nach einem Kandidaten für die Formel 1-Mannschaft von Red Bull Racing aus, doch dann bekam seine Karriere kurzfristig einen Knick.

Im Alter von 4 Jahren saß der Franzose bereits erstmals im Kart und 2000 folgt dann der Einstieg in den Wettbewerb mit 10 Jahren. Erste Erfolge stellten sich bald ein, so dass Vergne 2007 in den Formelsport wechselte.

Die französische Formel Renault Campus konnte er auf Anhieb für sich entscheiden, danach ging sein Weg weiter bis in die britische Formel 3-Meisterschaft. Vergne bestimmte hier das Geschehen wie kein anderer und holte sich auch den englischen Titel.

Ab 2010 trat die französische Nachwuchshoffnung dann in der World Series, der Formel Renault 3.5 an, die sich in etwa auf dem Niveau der GP2 bzw. der heutigen Formel 2 bewegte. Hier schlug dann das Red Bull Juniorenprogramm erstmals zu, allerdings noch positiv für Vergne.

Er wurde in das Juniorenteam mit aufgenommen, dafür setzte man einen anderen Youngster vor die Tür, einen gewissen Brendon Hartley, der mittlerweile wieder im Toro Rosso in der Formel 1 sitzt. Jean-Eric Vergne seinerseits kämpfe 2011 lange um den Titel und musste sich ganz knapp am Ende des Jahres mit der Vizemeisterschaft begnügen.

Seine Leistungen hatten Red Bull aber überzeugt, so dass er ab der Saison 2012 den Sprung in die Formel 1 schaffte.

Im Schatten von Ricciardo

2012 ging er im Team von Toro Rosso neben Daniel Ricciardo an den Start. Beide Red Bull-Junioren lieferten ab und an schon gute Vorstellungen, doch im ersten gemeinsam Jahr der beiden Piloten war es Vergne, der mehr WM-Zähler als der Australier holen konnte.

Daniel Ricciardo war unterdessen in seiner Laufbahn dem französischen Kollegen immer ein Jahr voraus, er absolvierte die gleichen Stationen in der britischen Formel 3 und in der World Series mit denselben Erfolgen wie Vergne, nur jeweils ein Jahr früher. Mit mehr Formel 1-Erfahrung ausgestattet drehte Ricciardo das teaminterne Duell dann 2013 und holte mehr Punkte als Vergne. Das reichte, um 2014 zu Red Bull zu wechseln, während Jean-Eric Vergne bei Toro Rosso blieb.

Der Franzose machte 2014 aber erneut mit guten Leistungen auf sich aufmerksam. In dieser Saison holte er 22 WM-Zähler, sein neuer russischer Teamkollege Daniil Kvyat lediglich deren acht. Der Russe wurde dann aber 2015 überraschend zum A-Team von Red Bull befördert, während Vergne keinen neuen Vertrag mehr bekam. Bis heute eine der seltsamsten Entscheidungen von Red Bull, die sich auch nicht auszahlen sollte, denn aus der Ehe Kvyat und Red Bull wurde später auch nichts.

Für Vergne endete damit seine Zeit als aktiver Grand-Prix-Pilot. Danach kam er nochmal bei Ferrari als Testpilot unter, doch seine Karriere in der Königsklasse war vorbei, bevor sie begonnen hatte.

Neustart in der Formel E

So musste sich der Franzose ein neues Betätigungsfeld suchen und wurde in der Formel E fündig. Gleich bei seinem Debüt konnte er hier die Pole Position herausfahren und lange ein Wörtchen um den Sieg mitreden, bevor er das Rennen aufgeben musste.

Nach einem Teamwechsel gab es dann allerdings im Folgejahr nichts für Vergne zu holen, so dass er für die Saison 2016/2017 abermals die Mannschaft wechselte. Für das Team von Techeetah holte er beim Finale im kanadischen Montreal dann seinen ersten Sieg und machte in der Saison 2017/2018 mit Podiumsergebnissen und weiteren Siegen da weiter, wo er im Vorjahr aufgehört hatte.

Damit rechnen konnte man nicht wirklich, denn seine Mannschaft ist das einzige Kundenteam in der Formel E. Im Gegensatz zu allen anderen geht man mit einem Kundenmotor an den Start. Mit dem Renault-Antrieb ist man allerdings weit vor der Werksmannschaft in diesem Jahr und Jean-Eric Vergne trägt maßgeblich dazu bei. Der Franzose ist dann doch noch ganz oben angekommen, wenn auch auf dem elektrischen Weg.