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Nico Hülkenberg – Das ewige Talent

Formel1-Jubiläum - 100 Grand Prix für The Hulk

Jubiläen feiert man ja irgendwie anders – das wird sich Formel1-Pilot Nico Hülkenberg beim Großen Preis von Russland in Sotchi anno 2016 gedacht haben. Der Emmericher feierte seinen 100. Start bei einem Grand Prix und wurde in Kurve 2 unsanft aus dem Weg geräumt – das frühe Aus und irgendwie auch Sinnbild für die F1-Karriere eines Mannes, der die Nachwuchsserien im Sturm eroberte.

Im August diesen Jahres wird „The Hulk“- wie er im Fahrerlager seit einigen Jahren genannt wird, 29 Jahre jung – zum alten Eisen gehört er noch lange nicht. Dennoch, 100 Grand Prixs dauert seine Laufbahn in der Königsklasse nun schon, ein Sieg ist immer noch in weiter Ferne. Rekordhalter in Sachen meiste Starts bis zum ersten Sieg ist noch Mark Webber mit 130 Auftritten vor Rubens Barrichello mit 124. Ob Hülkenberg sich dahinter einreihen kann, ist mehr als fraglich.

©Sahara Force India Formula One Team

Eine Bilderbuchkarriere im Motorsport

Dabei liest sich sein motorsportlicher Lebenslauf wie gemalt. Als Neunjähriger begann er mit dem Kartsport, 2002 konnte er sich die deutsche Juniorenmeisterschaft sichern, im Folgejahr wurde er deutscher Kartmeister. Nico Hülkenberg war und ist immer noch ein ruhiger Vertreter seiner Zunft, früh zeigte er neben seiner Grundschnelligkeit eine extrem hohe Zielstrebigkeit.

Der logische Schritt in den Formelsport folgte 2005 mit dem Einstieg in die Formel BMW und mit weiteren Meisterehren und das gleich im Debütjahr. Hülkenbergs Karriere nahm auch im Formelsport nun immer weiter Fahrt auf. Nächste Haltestelle: der Formel 3-Cup in Deutschland. Gesamtrang 5 war für den jungen Piloten trotz eines Sieges im erst vierten Rennen ungewohnt wenig, hing aber auch mit dem Chassis seines damaliges Teams zusammen – hier war man eine Zeit lang der Konkurrenz unterlegen, bevor man das Fabrikat wechselte.

Der internationale Durchbruch

Ende 2006 trat der Name Hülkenberg dann auch international in Erscheinung. Die A1-Grand Prix Serie, die zum Jahresende startete und bis zum Frühjahr des Folgejahres lieg, bot besten Rennsport in identischen Formel-Boliden, die deutlich leistungsstärker waren als alles, was er bisher gefahren hatte. Über 500 PS galt es zu bändigen und „Hülki“ schlug in der Serie ein wie eine Bombe.

Anfang Oktober traf man sich im niederländischen Zandvoort an der Nordseeküste auf der Traditionsrennstrecke. Das Wetter schlug um und bei schwierigen und nassen Bedingungen hatten alle Fahrer reichlich zu tun, ihre PS-starken Boliden auf der Strecke zu halten. Im Hauptrennen des Tages waren alle einem Mann unterlegen, den bis dahin nur wenige Insider kannten – Nico Hülkenberg.

Es sollte der erste Triumph von einigen sein, die er in dieser Klasse rund um den Globus von den Niederlanden bis nach Neuseeland folgen ließ. In engen und spannenden Zweikämpfen ging es Rad an Rad zur Sache und Hülkenberg ließ die etablierte Konkurrenz ziemlich alt aussehen. Beim Saisonfinale im April 2007 lieferte er sich ein beinhartes Duell mit dem Briten Robbie Kerr und errang einen grandiosen Sieg – erneute Meisterehren beim Seriendebüt für „Hülki“, der mittlerweile vom ehemaligen Schumacher-Manager Willy Weber unter seine Fittiche genommen worden war.

Mit der nun gestiegenen Aufmerksamkeit stieg auch der Druck – der Weg in die Formel 1 lag auf der Hand. Doch man wollte das Talent Hülkenbergs nicht verfeuern, also ging es in Sachen PS-Zahlen erstmal wieder etwas zurück. Es folgten zwei Jahre in der Formel 3 Euroserie, wo nach dem ersten Lehrjahr der Meistertitel de facto ein Muss war. Zwischenzeitlich tat sich Hülkenberg schwer, konnte dem wachsenden Erfolgsdruck aber standhalten und er lieferte da, wo er es am besten kann – auf den Rennstrecken dieser Welt.

Im ersten Jahr als Serienneuling noch Dritter, gelang ihm im Folgejahr der Gewinn der Meisterschaft, dazu konnte er sich in seinen Formel3-Zeiten als Sieger des F3-Masters eintragen. Bereits im Jahr 2008 konnte der Emmericher dann sein Formel1-Debüt feiern – vorerst allerdings nur im Rahmen von Testfahren für Williams. Noch war er nicht am Ziel.

©Sahara Force India Formula One Team

Der finale Schritt – Ankunft in der Königsklasse

Seine Karriere lief weiter nach oben – die GP2 war nächster Haltepunkt, hier traf er mit Romain Grosjean auch einen alten Konkurrenten aus Formel3-Zeiten. Fünf Rennsiege lieferte er im Debütjahr ab und sackte den Meistertitel ein – wie vor ihm in dieser Serie Piloten vom Schlag eines Nico Rosberg und Lewis Hamilton.

Für Hülkenberg war nun alles klar und der Weg in die Königsklasse geebnet. Nachdem er parallel zur GP2-Nachwuchsserie weiterhin als Testfahrer bei Williams unter Vertrag war, gab es für 2010 hier die Beförderung. „The Hulk“ war da angekommen, wo er hingehört – vom beschaulichen Emmerich am Niederrhein auf die große Weltbühne des Motorsports.

©Sahara Force India Formula One Team

Doch es läuft auch und gerade in der Welt des Rennsports nicht immer nach Plan. Gegen den Teamkollegen und Routinier Rubens Barrichello tat er sich schwer, es brauchte bis zur zweiten Saisonhälfte, bis er den Brasilianer regelmäßig hinter sich lassen konnte. In Malaysia gab es seine ersten WM-Punkte, das beste Saisonergebnis kam aus Ungarn mit Rang 6. Zum Saisonfinale traf der Formel 1 Zirkus in Brasilien und hatte in der Qualifikation mit einer abtrocknenden Strecke zu tun – Timing war alles und das junge Talent aus Deutschland traf das am besten. Er feierte eine sensationelle Pole Position, die er zwar im Rennen nicht halten konnte und auf Rang 8 ins Ziel kam, aber man sollte meinen, spätestens jetzt sollte der Weg weiter nach oben gehen.

Zurück ins zweite Glied – der frühe Formel 1 Frust

Nico Hülkenberg hat nicht gerade die Idealmaße für einen Rennfahrer, mit 1,84 Meter ist er einer der Hünen in der F1 und wohl eher ein Problemfall für die Ingenieure in manchen Bereichen. Dass er für 2011 keinen Platz als Stammpilot fand war dennoch erschreckend. Die Konkurrenz kam mit dem dicken Geldkoffer und der junge Deutsche saß vor der Tür – so schnell kann es gehen.

Doch Hülki war und ist ein Kämpfer und trat zunächst ins zweite Glied – nach einem Testfahrerjahr bei Force India übernahm er 2012 ein Cockpit bei den Indern und lieferte mit Rang 4 sein bestes Resultat in diesem Jahr. Besonders gern erinnert er sich an Brasilien, wo er kurzzeitig in Führung lag und nur durch eine Kollision mit Lewis Hamilton massiv an Boden verlor. In Südamerika läuft es in seiner Formel1-Karriere halt einfach meist ziemlich rund.

©Sahara Force India Formula One Team - 2012

Top-Leistungen und viele WM-Zähler

2013 führte ihn sein Weg zum Rennstall von Sauber, ehe er 2014 zu Force India zurückkehrte und dem Team seither treu blieb. Was ihm trotz seines Talentes bislang immer verwehrt blieb, war der Weg aufs Siegerpodium. Rang 4 konnte er wiederholen, doch für den früher siegverwöhnten Piloten begann seit dem Schritt in die Formel1 die sieglose Zeit. Nicht einfach für einen, der vorher alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gab.

Immer mal wieder tauchte im Fahrerkarussell sein Name auf – wirklich nah an einer Verpflichtung bei Ferrari oder McLaren war er nicht. In der Formel1 muss man auch das Glück haben zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, das ist genau das, was Hülkenberg zumindest hier zu einem ewigen Talent macht.

Sein 100. Grand Prix-Start in Sotchi beim Großen Preis von Russland war ein Sinnbild seiner Karriere. In den freien Trainings gut unterwegs, passte es in der Qualifikation nicht. Dennoch war von Startplatz 13 aus noch einiges möglich in Sachen WM-Punkte. Der Rest ist schnell erzählt – sein Bolide wurde in Kurve 2 von einem Konkurrenten abgeräumt – ein frustrierendes Ende.

©racing14.de - Le Mans 2015

Sensation in Le Mans – Hülkenberg schreibt Motorsportgeschichte beim Klassiker

Was man ihm zu Gute halten muss, dass er nicht ans Aufgeben denkt. Trotz des fehlenden Fortschritts in der Formel1 schrieb er vergangenes Jahr Motorsportgeschichte. Er gewann die 24 Stunden von Le Mans bei seinem Gastauftritt im Porsche 919 Hybrid-Sportprototypen gleich bei seinem Debüt – die Freude, die er damals versprühte, musste er in der Formel1 sehr lange zurückhalten.

Als Riesentalent kam er hier an – beweisen konnte er es bisher nur an anderer Stelle. Aufgeben ist keine Option, doch die Aussichten auf ein Top-Cockpit sind mager. Die Königsklasse hat in diesem Fall leider bewiesen, wie sie jemand zum ewigen Talent abstempeln kann.

Titelbild ©Sahara Force India Formula One Team