Schock für die Formel1 - der Rücktritt des neuen Champions
Die Meldung schlug ein wie eine Bombe – keine Woche nach dem Gewinn der Formel 1 Weltmeisterschaft 2016 gab Nico Rosberg seinen Rücktritt als amtierender Weltmeister bekannt. Auf den ersten Blick mag seine Entscheidung wie ein Schnellschuss wirken, doch der 31-Jährige hat diesen Entschluss mit einer Klarheit getroffen, die keine Zweifel aufkommen lässt.
Bisher gab es lediglich drei amtierende Champions, die nach dem Titelgewinn zurückgetreten sind. Mike Hawthorne, Jacky Stewart und Alain Prost hingen den Helm aus unterschiedlichen Gründen an den Nagel. Nigel Mansell verschwand zwar als Weltmeister aus der Formel1, führte seine Karriere aber in der IndyCar-Serie weiter. Nico Rosberg erweckt allerdings aktuell nicht den Eindruck, dass er bald wieder Motorsport betreiben wird.
Warum? Ein Rücktritt mit Fragen
Per Facebook teilte Nico Rosberg seiner Fangemeinde folgendes mit: „Seit 25 Jahren im Rennsport war es immer mein Traum, mein einziges, großes Ziel, Formel 1-Weltmeister zu werden. Ich musste viel dafür opfern, aber trotz all dieser harten Arbeit, dieser Schmerzen, und dem ganzen Verzicht war dies immer mein Ziel geblieben. Und jetzt ist es soweit, ich habe den Berg erklommen, ich bin an der Spitze angekommen und es fühlt sich richtig an. Ich fühle eine tiefe Dankbarkeit für alle, die mich auf dem Weg zu diesem Titel unterstützt haben und es somit möglich gemacht haben.“
Für die Mercedes-Spitze kam die Nachricht überraschend, Niki Lauda selbst war auf den neuen Champion gar nicht gut zu sprechen und konnte die Entscheidung nicht nachvollziehen. Doch Rosberg ist, ganz anderes als Dauerrivale und Teamkollege Hamilton, ein Familienmensch par excellence. Um aber Hamilton in diesem Jahr erstmalig zu schlagen, musste er seine ganze Energie auf die Formel 1 Saison verwenden – Rosberg ließ kein Stein auf dem Anderen, um an seinen Schwächen zu arbeiten. Darunter litt seine Familie, für die der gebürtige Wiesbadener keine Zeit mehr fand.
Lewis Hamilton war und ist eine harte Nuss, die Rosberg knacken musste. Die zweite Saisonhälfte diesen Jahres war immens intensiv. Hamilton zeigte sich die letzten Rennen stets als der Schnellere und Rosberg musste die Nerven bewahren. Doch das Duell hat Spuren hinterlassen beim Familienvater. War es die Rivalität mit Hamilton, die ihn zu diesem Schrirtt bewogen hat? Am Ende wird sicher auch das dazu beigetragen haben. Die Bereitschaft, derart an die Grenzten zu gehen, das ist nach dem jetzigen Titel für Rosberg nicht mehr vorstellbar gewesen. Er wollte einmal Formel1-Weltmeister werden und das hat er geschafft. Seine Entscheidung verdient Respekt, auch wenn sie seinen Arbeitgeber Mercedes vor enorme Probleme stellt.
Das Erbe Rosbergs – Wer wird sein Nachfolger?
Ganz plötzlich ist eines der begehrtesten Cockpit in der Formel1 überhaupt verfügbar, doch die Liste der Top-Piloten, die im Silberpfeil Platz nehmen könnten, ist zu diesem späten Zeitpunkt im Jahr sehr überschaulich.
Mercedes hat bereits bei Renault angefragt – dort sitzt seit 2017 ein anderer Nico. Doch die Franzosen wollen ihre Neuverpflichtung Hülkenberg verständlicherweise nicht ziehen lassen. Auch ein Wechsel der Red Bull oder Ferrari-Piloten ist vertraglich mehr als schwierig. Weder will man hier beispielsweise einen Sebastian Vettel ziehen lassen, auf der anderen Seite hat man bei den Silbernen aber auch verlauten lassen, dass man hier keine Anfrage starten will. Erst am Sonntag hat zudem der vierfache Champion Vettel klargestellt, dass er kein Kandidat sei. Immer wieder taucht auch wieder der Name Fernando Alonso auf, selbst Formel1-Zampano Bernie Ecclestone würde den Spanier gern im Silberpfeil sehen. Doch abgesehen von der vertraglichen Gebundenheit an Honda kennt man aus der Vergangenheit das Duo Hamilton und Alonso schon aus der McLaren-Zeit. Das damalige Ende vom Lied war, dass keiner der beiden, sondern Ferrari zum WM-Titel fuhr.
Bleibt in erster Linie Pascal Wehrlein . Der deutsche Mercedes-Youngster hat nicht nur die richtige Nationalität, sondern ist verfügbar. Allerdings sah er gegen seine bisherigen Teamkollegen in der Formel 1 auch nicht immer ganz glücklich aus. Und Mercedes braucht einen Piloten, der auf einem ähnlichen Level wie Lewis Hamilton unterwegs ist, um im Kampf um die Konstrukteurs-WM ganz vorne weiter mitzuspielen.
Da wäre alternativ noch Valtteri Bottas, dessen Manager Mercedes-Boss Toto Wolff ist. Aber auch hier müsste man in Sachen Ablöse tief in die Taschen greifen. Ob man das allerdings für den Finnen tut, ist fraglich.
Alternativen, die vielleicht die wenigsten aktuell mit auf der Liste haben sind Sergio Perez von Force India und Carlos Sainz Jr. von Toro Rosso, die schon ihre Schnelligkeit unter Beweis gestellt haben und auch über genügend Erfahrung verfügen. Ob Mercedes diese beiden auch in Betracht zieht, werden wir vermutlich vor Weihnachten noch erfahren.
Der Markt ist aktuell jedenfalls recht dicht. Realistisch betrachtet bleibt Pascal Wehrlein die logische Wahl für die Stuttgarter.
Goodbye Champion – Adieu Nico
Nico Rosbergs letztes Formel1-Rennen in Abu Dhabi war wohl sein intensivster Grand Prix. Nichts gegen Hamilton zu überstürzen und vor allem den jungen Draufgänger Max Verstappen zu überholen, das hatte weltmeisterliche Klasse. Sein plötzlicher Abschied macht Rosberg sympathisch, auch wenn sicher nicht alle hinter seiner Entscheidung stehen. Zu guter Letzt wollen wir den scheidenden Weltmeister noch einmal zu Wort kommen lassen:
„Jetzt bin ich im Hier und Jetzt, werde den Moment noch voll genießen. Ich spüre eine große Erleichterung. In den nächsten Wochen werde ich bestimmt noch mehr verstehen, was und wie dieses Jahr alles passiert ist. Danach werde ich das nächste Kapitel in meinem Leben aufschlagen. Ich bin gespannt, was es bereit hält für mich...“