Hayden Paddon – Erster Rallye-WM-Sieg für einen Neuseeländer
Die Abschlussprüfung der diesjährigen Rallye Argentinien hätte spannender nicht sein können. Nach einer wahren Schlacht in Südamerika zwischen Hyundai-Fahrer Hayden Paddon und dem Rallye-WM Dominator Sébastien Ogier betrug der Vorsprung des Neuseeländers vor den letzten gut 16 Kilometern nur knapp über 2 Sekunden.
Unter dem Druck des dreimaligen Weltmeisters in Diensten von Volkswagen sind schon viele zerbrochen, jedoch nicht Paddon. Der Kiwi zeigte bei dieser Rallye, warum er derzeit als Einziger in der Lage ist, dem Champion Paroli zu bieten. Mentale Stärke – die ist im Rallyesport extrem wichtig und die hat Hayden Paddon. Als er den neuen Hyundai i20 WRC-Boliden des Jahrgangs 2016 an den Start zur abschließenden Etappe brachte, waren er und Co-Pilot John Kennard vollkommen auf die bevorstehende Aufgabe fokussiert.
Ein Kondor namens Paddon
Während Sébastien Ogier alles gab, war gegen Überflieger Paddon an diesem Wochenende einfach kein Kraut gewachsen. Er baute auf der Prüfung namens El Condor seinen Vorsprung auf über 14 Sekunden aus und feierte einen historischen Sieg. Erstmalig gewann damit ein Neuseeländer einen WRC-Weltmeisterschaftslauf – der Kondor an diesem Sonntag hieß Hayden Paddon.
„Ich habe keine Worte. Ich habe einfach alles gegeben und kann es nicht glauben“, so der 29-Jährige. Mit dem Sieg ist er viel schneller auf der obersten Stufe des Podiums angekommen, als man rechnen konnte. 2016 ist erst das zweite komplette Jahr in der Rallye-Weltmeisterschaft für ihn, nachdem ihn Hyundai erst 2014 für einige Läufe in die WM holte. Früh wurde klar, dass es sich um einen geschickten Schachzug des koreanischen Herstellers handelte.
Flying Kiwi - Das Rallyetalent aus Neuseeland
Paddon ließ 2015 bei der Rallye Sardinien aufhorchen, als er mit Rang 2 seinen ersten Podestplatz erringen konnte. Damals machte er dem Sieger – Sébastien Ogier – ordentlich zu schaffen, ein Auftritt, der in der Szene Spuren hinterließ, schließlich war der Vorjahres-Hyundai längst noch nicht auf dem Niveau des VW Polo des Weltmeisters.
Die Rallye-Karriere von Paddon begann 2006 in der neuseeländischen Meisterschaft. Zweimal wurde er Landesmeister und dass, obwohl seine finanziellen Möglichkeiten sehr begrenzt waren. Der Kiwi bereitet sich auf jede Rallyeprüfung äußerst akribisch vor, die Studie von Onboard-Aufnahmen bis ins letzte Detail findet man sonst wohl bei keinem Rallyepiloten in dieser Form.
Selbst jetzt in Argentinien kurz vor dem großen Showdown war er verschwunden – unter seinem Wagen, um in Ruhe auf dem Tablet nochmals die Powerstage zu verinnerlichen. Die Ruhe muss man in solch einer Situation erstmal finden. Das unterscheidet ihn auch von zahlreichen seiner Kollegen – nicht nur auf der Strecke, auch abseits davon bietet Paddon Weltmeister Ogier die Stirn.
Das Duell – Ogier vs Paddon
Der Franzose war mit der aktuellen Startsituation in Sachen Weltmeisterschaft unzufrieden, die ihn über weite Teile der Rallye als Erster auf die Strecke schickt – das ist schon mal von Vorteil, aber auch mal ein Nachteil, wie jetzt in Argentinien und vorher Mexico. Doch Paddon hätte nichts dagegen, als WM-Führender in dieser Situation zu sein – das teilte der dem Weltmeister auch unverblümt mit. Eins wurde in Argentinien 2016 klar – die Rallyeweltmeisterschaft hat wieder ein Duell, denn Hayden Paddon sieht in seinem neuen Hyundai noch reichlich Entwicklungspotential.
Mit drei Fahrzeugen tritt Hyundai regelmäßig in der Weltmeisterschaft an – sowohl für Thierry Neuville, als auch für den Spanier Dani Sordo war der Paddon-Sieg jetzt eine schallende Ohrfeige. Meistens sind es diese beiden, die für die Hersteller-WM-Wertung nominiert werden in Sachen Punkte. Immer häufiger in letzter Zeit aber auch Paddon, der das Vertrauen seines Teams immer wieder rechtfertigen konnte, während seine Teamkollegen ihr Talent nicht umsetzen können.
Hayden Paddon hat den Biss, die mentale Stärke und eine akribische Herangehensweise an jeden Rallye-Weltmeisterschaftslauf. Es fällt daher nicht schwer, die Prognose aufzustellen, dass dem Sieg in Argentinien noch viele folgen werden. Die Rallye Argentinien war mehr als nur ein Statement vom „Flying Kiwi“, der damit auch eine Siegesserie von Volkswagen durchbrach.
Sébastien Ogier – Die Schande von Cordoba
Es gibt nicht viel, was es für den 33-Jährigen Franzosen noch zu gewinnen gibt auf der Rallye-WM-Bühne. Dreimal wurde er von 2013 bis 2015 Weltmeister, auch in diesem Jahr führt er die WM-Wertung an. Doch es gibt da einen Klassiker, der ihm in seiner Sammlung noch fehlt.
Die Rallye Argentinien konnte Ogier, man glaubt es kaum, noch nie gewinnen. Das sollte aus zweierlei Gründen 2016 nun eigentlich anders werden. Die souveräne WM-Führung im Rücken konnte er attackieren, obwohl ihm die erste Startposition mehr als missfiel. Dazu wollte Volkswagen eine Serie aufstellen, die just im Vorjahr an gleicher Stelle gebrochen wurde. Damals verhagelte Kris Meeke Ogier und den Wolfsburgern den Sieg, danach war es immer der Polo, der als Erster die Ziellinie überquerte. Argentinien sollte der 13. Sieg in Folge für VW werden und dazu endlich der erste Sieg von Ogier im Land der Gauchos.
Lange Zeit lag Sébastien Ogier in aussichtsreicher Position, als sein Teamkollege Latvala mit einem wüsten Überschlag ausschied und die Führung damit hergab, war er endlich so nah dran am Argentinien-Triumph. Doch plötzlich war da dieser junge Neuseeländer, der einfach nicht locker ließ.
Vor der letzten Prüfung verkürzte Ogier den Abstand und war fast gleichauf. Die abschließende Powerstage gehört eigentlich zu seiner Domäne, doch der Weltmeister fand an diesem Sonntag in Südamerika in Hayden Paddon seinen Meister, so dass es wieder nichts wurde mit dem Sieg. Rund um Cordoba verbleibt auf der Landkarte des amtierenden Weltmeisters weiter ein großer weißer Fleck.
Neuer Gegner – Neue Herausforderung
Zunächst gab sich Ogier sichtlich angefressen – vor allem aufgrund seiner schlechteren Startposition an diesen Tagen in Argentinien. Aber man wird nicht dreimal Weltmeister, wenn man damit nicht umzugehen weiß.
Daher schaut der Franzose bereits wieder nach vorne: „Für mich ist das eine großartige Motivation in den kommenden Rallyes wieder einmal alles zu geben, um wieder auf die oberste Stufe des Podiums zu kommen. Die Wertungsprüfungen waren extrem schwierig und hart, vielleicht habe ich daher nicht alles riskiert. Der zweite Rang ist immer noch ein fantastisches Resultat für mich und Julien (Ingrassia). Wir konnten unseren Vorsprung in der WM-Wertung ausbauen“
Den Fehler, Ogier und Volkswagen abzuschreiben, das macht sicher keiner. Dennoch, Hayden Paddon ist ein neuer Gegner, nachdem sein Wagen nun siegfähig geworden ist. Während der Weltmeister die interne Konkurrenz von Latvala und Mikkelsen nur gelegentlich fürchten muss, sich am Ende aber doch immer wieder durchsetzen kann, hat er nun mit dem Neuseeländer einen neuen Konkurrenten auf Augenhöhe.
Für Ogier wird der Zweikampf auf dem Zeitentableau wieder intensiver, nach wie vor ist aber derjenige, den man schlagen muss, um erfolgreich zu sein. In Sachen Asphalt-Rallys fehlt Paddon noch einiges an Erfahrung, hier zeigt der Weltmeister immer noch eine Dominanz. Und wenn es in diesem Jahr nicht geklappt hat mit dem verflixten 13. Sieg in Serie – Sébastien Ogier wird auf jeden Fall aufstehen, die WM-Krone richten und die nächste Siegesserie in Angriff nehmen.
Titelbild: ©Hyundai Motorsport