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Timo Scheider - Goodbye DTM

Abschied nach 16 Jahren - Ein DTM-Urgestein verlässt die Rennserie

Das Ende der motorsportlichen Laufbahn in der DTM kam für Timo Scheider plötzlich und unerwartet. Erst kurz vor dem Saisonfinale im badischen Hockenheim teilte man ihm seitens Audi mit, dass es für ihn im nächsten Jahr kein Cockpit mehr in der höchsten deutschen Tourenwagenklasse geben wird.

16 Jahre DTM haben damit ein unschönes Ende gefunden, auch wenn er seinem Arbeitgeber Audi nach wie vor verbunden bleibt. Ein kurzer Anruf seitens der Ingolstädter sorgte dafür, dass ein ganz fester Bestandteil der Rennserie 2017 nicht mehr am Start stehen wird.

„Ich habe vor zwei Tagen einen Anruf erhalten, in dem mir mitgeteilt wurde, dass Audi und ich in der DTM keine Zukunft mehr haben. Das Ganze ist natürlich ein Stück weit tragisch, weil ich es mir ein bisschen anders vorgestellt hätte, um ehrlich zu sein. Da draußen sitzen eine Menge Menschen - eine Menge Fans - mit vielen Emotionen, um die man kämpfen muss und die hätte ich gerne anders vorbereitet, um Danke zu sagen“, so Scheider auf einer kurzerhand anberaumten Pressekonferenz im Oktober. Dass ihn die Audi-Entscheidung sichtlich traf, merkte man dem 37-Jährigen gebürtigen Lahnsteiner deutlich an.

Scheider im Opel Astra 2003

DTM-Urgestein – erst Opel, dann Audi

Timo Scheider und die Deutsche Tourenwagen-Masters, so die offizielle Bezeichnung, das gehört seit dem Jahr 2000 untrennbar zusammen.

Als die DTM Anfang des Jahrtausends wiederbelebt wurde, war Scheider bereits Teil der Startaufstellung. Für Opel ging er im Astra an den Start und blieb der Marke mit dem Blitz bis in die Saison 2004 hinein treu. Als die Rüsselsheimer danach aus der DTM ausstiegen, legte er bis Ende diesen Jahres seine einzige Pause in der Serie ein. 2005 ging er in der FIA GT Meisterschaft an den Start und war auch in der Einheitsformelserie A1 Grand Prix für das Team Deutschland unterwegs.

Doch mit der DTM hatte er seine motorsportliche Heimat gefunden und kehrte 2006 mit den vier Ringen in die Meisterschaft zurück. Der Marke Audi ist er seither treu geblieben. Die Ehe Scheider und Audi Motorsport war vor allem in den ersten gemeinsamen Jahren erfolgreich.

Bis zu seinem Debüterfolg musste er zwar bis 2008 warten, doch in diesem Jahr sollte sein endgültiger Durchbruch folgen. In Oschersleben konnte er in diesem Jahr seinen ersten DTM-Sieg mit dem Audi A4 feiern, zwei weitere Rennsiege folgten und mit insgesamt acht Podiumsplatzierungen setzte er sich mit einem Vorsprung von 4 Punkte gegenüber seinem engsten Konkurrenten, Paul di Resta in Diensten von Mercedes, durch.

Acht Jahre muss man somit schon zurückgehen, wenn man auf den ersten DTM-Triumph von Scheider zurückblicken will, an dieser Stelle das damalige Rennen in der Magdeburger Börde im Rückblick:

Die Erfolgsserie von Scheider hielt an, so dass er die Meisterschaft 2009 erneut gewann und somit in der Historie der DTM als einer der wenigen zu den Fahrern mit mehreren Titelgewinnen gehört. Zwei Laufsiege waren es auch 2009, die ihn erneut zum Meister kürten.

Zwar konnte er in den beiden folgenden Jahren nicht mehr in den Kampf um die Meisterschaft eingreifen, blieb aber mit an der Spitze des Feldes. 2010 konnte er den einzigen Auftritt der DTM auf dem Adria International Raceway vor den Toren Venedigs für sich entscheiden, dann folgte allerdings eine lange Durststrecke

Formkrise, Skandal und das lange Warten auf den nächsten Sieg

Mit dem Audi A5 kam zwar ein neuer Bolide in die DTM-Startaufstellung, doch für Timo Scheider brachte der Neue keinen Erfolg. Ab 2012 zeigte die Formkurve nach unten, die Resultate blieben aus. Auch ein neues Team brachte nicht den entscheidenden Schritt nach vorne, nach vielen Jahren für Abt Sportsline wechselte Scheider 2014 zum Team Phoenix.

Doch auch hier ging zunächst wenig vorwärts. Bis zum Saisonfinale in Hockenheim 2015 musste Timo Scheider warten, ehe er den Weg zurück auf die oberste Stufe des Podiums fand.

Doch vorher sorgten er und der Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich für den DTM Skandel schlechthin der letzten Jahre. Bei Österreich-Gastspiel der DTM in Spielberg schickte er die beiden Mercedes von Robert Wickens und dem späteren Titelträger, Pascal Wehrlein, von der Strecke, nachdem der Sportchef vorher am Funk zu hören war mit den Worten „Timo, schieb ihn raus!"

Sicherlich einer der größten Skandale der DTM überhaupt, das ganze Geschehen dazu hier in bewegten Bildern:

Scheider wurde für den folgenden Auftritt in Moskau gesperrt, Ullrich bis zum Saisonende der Zutritt zur Boxengasse verwehrt. Es war und ist der dunkle Fleck auf Scheiders Karriere in der höchsten deutschen Tourenwagenklasse. Zeigt aber wiederum auch seine Verbundenheit mit der Marke Audi, die ihn dann vor kurzem knapp abservierten.

Der damalige Rammstoß blieb zumindest sportlich ohne Folgen, Wehrlein schaffte es trotzdem zum Titel und danach in die Formel1. Und das Jahr 2015 endete für Scheider dann doch noch versöhnlich, als er nach fast 5 Jahren wieder einen Sieg einfuhr. Der Triumph in Hockenheim zum Saisonabschluss 2015 sollte sein letzter in der DTM sein, Scheider fühlte sich dabei ein bisschen so, wie bei seinen ersten Erfolgen, wie er nach der Zieldurchfahrt zugab.

Leider konnte er in der vergangenen Saison diesen Aufwärtstrend nicht fortsetzen. Da die Hersteller im kommenden Jahr die Einsatzfahrzeuge reduzieren, bleibt für das Urgestein nun kein Platz mehr im Audi-Kader.

Treue zu Audi – die Zukunft

Obwohl er von Audi nicht in bester Manier vor die Tür gesetzt wurde, ist Timo Scheider weiterhin mit den vier Ringen verbunden und wird das auch in Zukunft sein. Nachdem man sich ausgesprochen hat, lotet man nun die Möglichkeiten aus. Vieles deutet für den Deutschen auf die Rallycross-Weltmeisterschaft hin, in der Mattias Ekström im Audi S1 in diesem Jahr den Titel erringen konnte.

Audi könnte sich hier künftig stärker mit einbringen, nachdem man das Engagement in der FIA WEC Langstreckenweltmeisterschaft zum Ende des Jahres einstellen wird. Scheider hat bereits im Seat Ibiza RX Rallycrossboliden erste vielversprechende Gaststarts absolviert.

Die DTM-Karriere von Timo Scheider ist vorbei, jedoch ist er ein fester Bestandteil der Geschichtsbücher der deutschen Tourenwagenszene. Scheider zählt sich noch lange nicht zum alten Eisen, dazu fasziniert ihn der Rallycross-Sport. Gut möglich, dass wir ihn 2017 in einem Audi im wilden Drift auch auf losen Untergrund zu sehen bekommen.

Die Saison 2016 war für Timo Scheider eine bittere, das steht außer Frage. Doch zumindest privat kann er sich nicht beklagen. Seine Lebensgefährtin Jessica Hinterseer brachte Mitte des Jahres ein gesundes Kind zur Welt, für den im österreichischen Lochau lebenden Scheider ist es das zweite Kind. Mit seiner ehemaligen Partnerin Jasmin Rubatto hat er bereits den gemeinsamen Sohn Loris. Dazu agiert er im zweiten Jahr als Teamchef seines eigenen Formel4-Rennstalls. Das Kapitel DTM ist nun geschlossen, dass des Motorsports aber noch lange nicht.