Das gemeinsame Foto von Mesut Özil und Ilkay Gündogan ist nun schon mehr als drei Wochen her und doch schlagen die Wellen immer höher. Ein Ende der Debatte scheint so schnell nicht in Sicht. Sechs Tage vor dem ersten Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der WM 2018 gegen Mexiko herrscht deswegen beim Deutschen Fußballbund Alarmstimmung. Die Pfiffe gegen Mesut Özil und Ilkay Gündogan drohen, das Projekt Titelverteidigung in Gefahr zu bringen.
Die Stimmung im Team ist angeknackst, nicht nur bei den beiden Betroffenen, sondern bei allen Spielern, die die lautstarken pfiffe ebenfalls verunsichern und oft mit Absicht die beiden Mittelfeldspieler nicht mehr anspielen. Dabei sind die beiden England-Legionäre wichtige Stützen im Team von Bundestrainer Joachim Löw. Eine erfolgreiche WM steht und fällt mit diesem Politikum.
Dass die Affäre um die Fotos von Özil und Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan einen handfesten Skandal auslösen könnte, hat der Verband lange Zeit unterschätzt. Und was noch viel schlimmer ist: Beim DFB glaubte man, der Schulterschluss zweier deutscher Nationalspieler mit einem muslimischen Autokraten ließe sich mit ein paar hübschen Bildern von einem Treffen mit dem deutschen Bundespräsidenten einfangen. Doch so einfach sind die Massen heutzutage nicht zufriedenzustellen.
Auch die mangelnde Kommunikation und Erklärung der Spieler hat der DFB nicht genügend forciert. Eine Erklärung für ihr werbewirksames Treffen mit dem türkischen Machthaber in dessen Wahlkampf vermieden sie bislang. Dazu keinerlei Entschuldigung oder Stellungnahme, die die Gemüter beruhigen würde.
Ein gefundenes Fressen für Rechtspopulisten, die die Integration in Frage stellen
Dass ihre Aktion nun allerdings nun vom rechten Rand politisch instrumentalisiert wird, ist widerlich, aber irgendwie auch bezeichnend für die Politik der „großen“ rechtspopulistischen Parteien. Denn viele der Pfiffe zielen nicht etwa auf das vermeintlich zweifelhafte Demokratieverständnis zweier Fußballer mit Migrationshintergrund (was man zurecht in Frage stellen muss), sondern auf deren bloße Herkunft. Özil und Gündogan dienen so manchem Fan als DIE Projektionsfläche für rassistische Ressentiments.
Und es muss Allen gesagt sein: Die beiden Fußballer sind deutsche Staatsbürger, sie sind aber genauso in der Kultur ihrer Eltern verwurzelt – genauso wie ein Bayer, der nun in Berlin lebt, ist der mit seiner Heimat verwurzelt. Klar birgt das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei derzeit Konfliktpotenzial, aber trotzdem ist dieses Treffen, was zweifelsohne ein Fehler war, kein Grund zwei Karrieren zu zerstören.