Routinier will es bei der Triathlon-WM auf Hawaii noch mal wissen.
Wenn am 8. Oktober der Startschuss zum Ironman auf Hawaii fällt, will es Andreas Raelert noch mal wissen. Der 40-Jährige peilt beim härtesten Triathlon der Welt im achten Anlauf den WM-Titel an. „Mein großer Traum, mich in die Siegerliste einzutragen, lebt nach wie vor. Würde ich nicht mehr daran glauben, würde ich auf Hawaii nicht mehr an die Startlinie gehen“, sagt der Rostocker.
Raelert, dessen Bruder Michael ebenfalls erfolgreicher Triathlet ist, gehört seit mehr als zehn Jahren zu den besten „Eisenmännern“ der Welt. Kein anderer Profi-Triathlet bewies auf der Ironman-Distanz (3,8 km Schwimmen/180 km Radfahren/42,195 Laufen) so langen Atem. Nach einer erfolgreichen Karriere auf der Olympischen Distanz, die unter anderem in zwei Olympia-Teilnahmen mündete (6. Platz Sydney 2000, 12. Athen 2004), wechselte der Ausnahme-Athlet 2008 auf die Langstrecke.
Und stieß in neue Dimensionen vor. Bei seiner Hawaii-Premiere belegte Raelert 2009 auf Anhieb Rang drei. Fortan wurde die WM-Strecke rund um Kailua-Kona zu seinem „Wohnzimmer“. Bei acht Starts wurde der Ausnahme-Athlet dreimal Zweiter (2010, 2012, 2015) und zweimal Dritter (2009, 2011). „Hawaii ist das Größte. Hier messen sich die besten Triathleten der Welt. Die Bedingungen sind extrem . 40 Grad und heftiger Wind bringen jeden Teilnehmer ans Limit.“
Und darüber hinaus. 2013 musste Raelert, der fünf Jahre lang die Weltbestzeit auf der Ironman-Distanz hielt, beim Saison-Höhepunkt erstmals verletzt aufgeben. Ein Jahr später quälte er sich mit Magenbeschwerden als 769. ins Ziel. Seither warfen ihn immer häufiger Verletzungen zurück, er bestritt immer weniger Wettkämpfe. Einige schrieben den Alt-Meister schon ab, prophezeiten ihm ein vorzeitiges Karriere-Ende. Doch Raelert gab nicht auf. Im letzten Jahr feierte er auf Hawaii ein grandioses Comeback und wurde überraschend erneut Vize-Weltmeister .
Für diese Top-Leistungen geht der Norddeutsche sieben Tage in der Woche an und über seine Grenzen. „Als Triathlet definierst du dich über das Training, brennst den Körper aus. Es ist ein schmaler Grat zwischen Be- und Entlastung. Das kann sich schnell ins Negative umkehren“, sagt Raelert. Im Frühjahr erhielt er die Quittung, erlitt einen Ermüdungsbruch im Oberschenkel. Andere hätten mit der Diagnose die Saison beendet. Raelert machte weiter, drosselte nur das Training.
Im August startete er beim Ironman Kopenhagen und kam als Siebter ins Ziel. Damit löste der junge Familienvater (Sohn Theo wurde im Januar geboren) zum achten Mal das WM-Ticket. Um welchen Preis? Raelert: „Ich weiß, dass ich meiner Gesundheit keinen Gefallen tue. Die Verletzung kann von heute auf morgen aufbrechen. Aber so ist Leistungssport. Nach Hawaii lege ich eine Pause ein, um mich voll auszukurieren.“
Daran wird Raelert beim Start in der Bucht von Kailua-Kona keinen Gedanken verschwenden. Auch nicht daran, dass er den jüngeren Konkurrenten wie dem deutschen Vorjahres-Champion Jan Frodeno (35) nicht mehr das Wasser reichen könnte. Der 40-Jährige weiß: „Man darf nicht zu früh ans Limit gehen. Das Rennen wird erst im Marathon entschieden. Dann muss der Kopf den Körper überlisten.“ Trotz des Trainings-Rückstandes hält Raelert einen erneuten Podestplatz für realistisch. „Ich baue auf meine Erfahrung. Es müssen aber viele Dinge ineinander greifen, um ganz vorne dabei zu sein. Das Schöne ist: Weh tut es jedem, selbst dem Sieger!“
Egal wie der härteste Triathlon der Welt nach acht Stunden und mehr endet. Gut möglich, dass Andreas Raelert nicht zum letzten Mal dabei war. „Solange ich noch konkurrenzfähig bin und Spaß habe, mache ich weiter. Ich weiß, dass ich im Herbst meiner Karriere bin. Aber es soll ja auch schöne Herbst-Tage geben“, sagt Raelert und lacht. Sein Antrieb bleibt der WM-Titel, sein Traum von Hawaii.