Zu viele Rennen, weniger Zuschauer und Schneemangel – der Ski-Zirkus steht vor großen Herausforderungen.
Ende Oktober startet der alpine Ski-Weltcup in die neue Saison. In Sölden (Österreich) steigt das erste von 80 Rennen weltweit. Die Vorfreude trügt. Im Ski-Zirkus kriselt es. Zu viele Rennen, weniger Zuschauer und immer häufiger Schneemangel. Der Weltskiverband FIS steuert nur vorsichtig entgegen.
Im Sommer platzte Hannes Reichelt der Kragen. Österreichs Ski-Star klagte im Interview mit der Tiroler Tageszeitung über die zunehmende Belastung im Weltcup. „So fahren wir unseren Sport zu Tode“, sagte der Super-G-Weltmeister. Allein bei den Herren stehen 2016/17 in den vier Disziplinen Abfahrt, Super-G, Riesenslalom und Slalom 37 Rennen auf dem Programm. Vor Weihnachten müssen die Ski-Asse sogar zwei Weltcups in einer Woche stemmen. „Da kommen in sechs, sieben Tagen bis zu sieben Rennen plus Training zusammen. Im Endeffekt ist das ein Wahnsinn“, kritisierte Reichelt.
Neue Renn-Formate und Technik-Revolution
An der Vielzahl von Einsätzen wird sich vorerst nichts ändern. Der Rennkalender der FIS ist prall gefüllt. Von Ende Oktober bis Mitte März sind 80 Wettbewerbe in den Alpen sowie in den USA und Kanada geplant. Hinzu kommt die WM in St. Moritz. Auch der umstrittene Kombinations-Weltcup (Slalom/Abfahrt) bleibt bis Olympia 2018 bestehen. Danach sollen die attraktiveren Parallel-Wettbewerbe und City-Events erweitert werden. Erste Schritte gegen die drohende Langweile.
Aktuell nimmt die FIS erste zaghafte Änderungen am Austragungs-Modus vor. In den Speed-Disziplinen Abfahrt und Super-G wird es eine neue Start-Reihenfolge geben. Früher jagten die Besten der Welt mit den Nummern 16 bis 22 die Pisten hinunter. Jetzt können die Top-Fahrer zwischen den ungeraden Zahlen 1 bis 19 wählen. Mit der neuen Reihenfolge sollen die TV-Zuschauer länger am Bildschirm gehalten werden.
Zudem will der Weltskiverband mit neuen Renn-Formaten ein jüngeres Publikum ansprechen und für mehr Action sorgen. Neben den spektakulären Parallel-Rennen und City-Events soll künftig die alpine Königsdisziplin, die Abfahrt, in zwei statt wie bisher in einem Durchgang ausgetragen werden. „Dieses Format testen wir bereits in den kontinentalen Cups und es könnte schon bald im Weltcup-Kalender Eingang finden“, sagte FIS-Renndirektor Markus Waldner.
In Asien warten 300 Millionen neue Ski-Fans
Hinzu kommen technische Innovationen. Bei der WM in der Schweiz werden Läufer in den Speed-Wettbewerben erstmals mit Transpondern ausgerüstet. „Damit können Live-Informationen über die Beschleunigung, die Zeit, die ein Athlet in der Luft verbringt, und anderes mehr geliefert werden”, erklärte Waldner auf der FIS-Webseite.
Langfristig will der Weltskiverband auch global expandieren. Ein Markt: Asien. „Die Idee ist es, alle drei Jahre in den Osten zu gehen“, sagte Waldner. Dabei erhofft sich der Verband vor allem durch die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking Wachstum. Waldner: „Mit dem Potential von rund 300 Millionen neuen Ski-Fans ist die Ski-Industrie sehr daran interessiert, im Osten Weltcup-Rennen durchzuführen.“
Die Pfeiler des Weltcups, betonte Waldner, bleiben aber in Mitteleuropa. Sofern dort im Winter noch genügend Pisten zur Verfügung stehen. Der Klimawandel und die ungewöhnlich hohen Temperaturen in den Alpen machte den Veranstaltern in den letzten Jahren immer öfter einen Strich durch die Rechnung. Allein letzte Saison mussten 15 Weltcup-Rennen wegen Schneemangels abgesagt beziehungsweise verschoben werden.
Schnell wurde der Ruf nach einer Verlängerung der Saison bis in den April hinein laut. „Im Frühjahr hatten wir nie Probleme“, sagte ausgerechnet Ski-Ass Hannes Reichelt. Österreichs Herren-Trainer Andreas Puelacher winkte ab: „Wen interessiert im April ein Skirennen? Wir müssen im Winter präsent sein!“